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Mexiko
23.11.2003
Nachdem wir die Nacht in unseren Träumen schon in Mexiko verbracht hatten, fuhren wir also los in Richtung Grenze, durch Downtown Nogales (Arizona) hinüber nach Downtown Nogales (Sonora) -- also eine geteilte Stadt -- und passierten damit den sogenannten Chili Curtain (erstes Foto ca. 100m vor Grenzübergang). Es war wirklich wie der Wechsel in ein anderes Reich, Mexiko offenbarte sich nach der Grenze in voller Pracht -- die langweiligen US-Amerikaner wichen den tempramentvollen Mexikanern, bunte Häuser, offene Kochfeuer, fliegende Händler an den Topes (diese Mörderstraßenschwellen, wo man quasi im Schritttempo rüberfahren muss, sonst knackt die Achse) und es duftet (positiv wie auch negativ) usw. Der Grenzübertritt war prinzipiell problemlos, die mexikanische Mentalität und Bürokratie bekamen wir erst 20 km weiter am Immigration Checkpoint zu spüren: vom einen Schalter zum nächsten -- hier das Visum, dort ein paar Kopien machen, dann das Car Permit. Das Car Permit war die Höhe, mit dem deutschen Fahrzeugbrief hatten die mexikanischen Beamten so ihre Probleme, obwohl wir sie mehrmals auf die internationale Übersetzung hinwiesen, die sie einfach wieder beiseite packten -- halben Tag umsonst auf dem KFZ-Amt in Berlin verbracht. Nach ca. einer Stunde hatten wir aber dann unser Zeug und weiter ging's. Schnell vor Sonnenuntergang zum ersten Campground in Magdalena (Sonora) -- es gibt eine Regel in Mexiko: "Fahr nicht bei Nacht!" und zwar nicht wegen der Banditos, sondern wegen der -- na -- genau -- der Topes und der Schlaglöcher, in denen man baden könnte, oder vielleicht einem Gulli ohne Deckel oder die Kleinkinder, die oft direkt am Straßenrand spielten und auf dem Bordstein saßen.
24.11.2003
Die Küste ruft! -- und wir folgten ihrem Ruf. Wir fuhren durch die Steppen von Sonora bis nach San Carlos (Sonora).
25.11.2003
In San Carlos war es uns noch etwas zu kalt und der Strand passte uns auch nicht so richtig, also packten wir unsere Bulli und traten das Pedal durch (Foto: einer von zahlreichen Obstständen an den Topes). An diesem Tag brachen wir gleich Regel Nummer 1 und fuhren in den Sonnenuntergang hinein. Glücklicherweise waren unsere Straßen gut in Schuss, so dass wir Las Glorias (Sinaloa) lebendig aber mit großem Schrecken erreichten, denn, während wir unzählige Kinder und unbeleuchtete Fahrrädern auf der Straße überholten, füllten sich auch unsere Blasen, so dass wir eine Tankstelle als willkommene Unterbrechung ansteuerten, auf der sich auch eine Reifenwerkstatt befand. Die Männer von der Reifenwerkstatt wiesen uns auch noch schön in eine Parklücke direkt vor ihrem Häuschen ein. Als wir von den Klos zurückkehrten, blickte uns der Kopf eines silbernen, unzerkratzten (also nagelneuen) Nagels in unserem Reifen an -- so platziert, dass wir ihn unmöglich übersehen konnten. Als sie uns auch noch übereifrig ihre Dienste anboten, machten wir uns sofort aus dem Staub -- also Regel Nummer 2: "Park niemals vor einer Reifenwerkstatt!".
Am Beach angekommen, schlugen wir unser Camp in einem dieser mexikanischen Motelcampingplätze (ein Motel, wo man campen und die Bäder in den Motelräumen nutzen kann) auf -- direkt am Strand. Leider war es zu dunkel, um das Meer zu sehen aber mit Spannung erwarteten wir schon den Morgen...
26.11.2003
Die Bullitür aufgerissen und die Wellen grinsten uns aus 10 Meter Entfernung entgegen -- also im Bett bleiben und erstmal 'ne halbe Stunde Wellen-Watching. Und überhaupt die Hitze -- der Gott des Mañana hatte uns nun endgültig in der Hand. Mañana ist spanisch und heißt "morgen", seine Bedeutung ist aber eher "nicht heute", d.h. morgen, übermorgen oder vielleicht nie... Ungeduld oder gar Pünktlichkeit ist hier fehl am Platz. Das lateinamerikanische "mañana" widerspiegelt die Grundhaltung dieser Menschen und bei der Hitze können wir das wirklich gut verstehen -- es ist wie ein Virus, der einen infiziert: die Palmen, der Tequila, die Musik, das Meer -- alles zusammen lähmt einen und man ist an seine Hängematte gefesselt...
Am Nachmittag ließen wir den Reifen noch in Guasave (Sinaloa) fixen.
27.11.2003
Bullitür auf, Wellen-Watching, Sonne, Liegestuhl, hier und da mal ein Schwätzen -- irgendwie kriegt man den Tag in Las Glorias (Sinaloa) schon rum.
28.11.2003
Mit schwerem Herzen verließen wir unser Strandplätzchen, um nach El Fuerte (Sinaloa) zu fahren, die Basis für unsere Kupfercanyon-Zugfahrt (Zitat Reiseführer: "spektakulärste Zugfahrt der Welt"). Auch fiel uns der Abschied von unseren liebevollen Nachbarn Judy und Jerry schwer. Zwischendurch passierten wir viele Dörfer.
29.11.2003
Morgens um 7 fuhren wir mit dem Taxi zur Bahnstation und der El Chepe -- so heißt der Chihuahua Pacific Express -- kam sogar nur 20 Minuten zu spät... Am Anfang passierten wir eher beschauliche Gegenden, aber nach ca. 1 Stunde ging die Orgie von Brücken, Tunnel und Kurven los. Die Bahngleise waren fast die ganze Zeit in die Seitenwand eines Canyons eingeschlagen -- das war schon atemberaubend. Der subtropische Busch wurde nach einigen Stunden durch Kiefernwälder abgelöst -- immerhin war das Ende unserer Zugfahrt nach ca. 8 Stunden in Creel (Sinaloa) auf ca. 2300m Höhe von anfänglich fast Meeresspiegel. Halt machten wir zwischendurch in El Divisidaro (Sinaloa), wo man von einem Aussichtspunkt in den Kupfercanyon schauen konnte (etwas grüner, aber ansonsten dem Grand Canyon sehr ähnlich). Ein weiteres Highlight war eine unglaubliche S-Kurve, immer in der Höhe ansteigend, erreichten wir die "linke" Seite eines U-Tals, fuhren 180 Grad herum auf die "rechte" Seite (also quasi zurück), dann aber in einem Tunnel eine dramatische 180 Grad Kurve in der "Wand" der rechten Seite, so dass wir oben über die "untere" Wand des U-Tals fahren konnten. Dann gabs etwas später noch eine Schleife um eine Bergkuppe herum, auf der die Bahn ihre eigenen Gleise ein paar Meter höher kreuzte. Kein Wunder, dass die Bauarbeiten fast 60 Jahre gedauert haben...
In Creel fielen sofort die wundervoll farbenfrohen Kleider der weiblichen Tarahumara auf -- die größte indigene Ethnie des nördlichen Mexiko. Sie leben relativ abgeschottet von den restlichen Mexikanern und versuchen ihre Identität zu bewahren. Leider müssen sie ihren Lebensunterhalt mit dem Verkauf von einfachen Handarbeiten verdienen, sogar kleine Mädchen im Vorschulalter trafen wir hier als fliegende Händler.
30.11.2003
An diesem Tag machten wir die gleiche Bahnfahrt in umgekehrter Richtung und kamen abends wohl auf in El Fuerte an. Die Bulli erwartete uns schon eifersüchtig.
1.12.2003
Dezemberanfang: die Mexikaner drehten schon voll durch -- feliz navidad... das war auch irgendwie grotesk für uns: schwüle subtropische Hitze und dazu Weihnachtsmusik überall.
Von El Fuerte (Sinaloa) fuhren wir nach Las Glorias (Sinaloa) zurück und nahmen wieder unseren Beachfront Platz ein. Unsere Nachbarn, Judy und Jerry aus Illinois (USA), freuten sich riesig, uns wieder zu sehen. Sie luden uns zum Abendessen ein und wir hingen bis in die späten Abendstunden bei ihnen fest. (Judy and Jerry, in case you're reading this: Thanks a lot for all your kindness, especially for adopting us as your kids! We hope for meeting again!)
Am späten Nachmittag konnten wir einem riesigen Pelikanschwarm beim Fischen zusehen.
2.12.2003
Judy und Jerry brachten uns frischen Kaffee zum Frühstück und gaben uns ein dickes Lunchpaket mit auf den Weg nach Mazatlan (Sinaloa). Der Busch wurde langsam dichter und in Mazatlan war es sogar des Nachts unerträglich schwül -- wo in Las Glorias die Temperatur erfreulicherweise noch etwas abfiehl.
3.12.2003
Entspannung am schönen Strand nördlich von Mazatlan (Sinaloa) war angesagt. Glücklicherweise bekamen wir hier nichts von den enorm vielen nordamerikanischen Pauschaltouristen mit, die etwas weiter südlich hausen. Nur bei der Fahrt zum Supermarkt sahen wir den Unterschied zum bisher von uns bereisten Teil Mexikos.
4.12.2003
Nachdem uns die Mosquitos und das andere fliegende Zeug ziemlich den Nerv geraubt hatten, entschlossen wir uns ein Vorzelt zu basteln. Also besorgten wir uns in Downton Mazatlan (Sinaloa) zwei Planen (Fußboden und Decke) und 15m Mosquitonetz. Einen Tacker hatten natürlich die netten Nachbarn in ihrem Mördermobil.
5.12.2003
Es wurde Zeit aufzubrechen und so fuhren wir Stunden durch tropischen Busch bis nach Playa Chacala (Nayarit), wo unser Bulli dann am Strand im Sand stecken blieb. Zum Glück speiste gerade ein Schwabe aus Stuttgart in einem kleinen Restaurant gleich um die Ecke. Jener konnte das halbe mexikanische Dorf mobilisieren, so dass ein Jeep uns wieder heraus zog. Verständigt haben wir uns mit dem Schwaben auf Englisch -- versuch mal mit einem Schwaben Deutsch zu reden!
6.12.2003
Playa Chacala (Nayarit) war schon sehr schön, aber doch nicht so schön, also klapperten wir die Dörfer südlich nach Campingplätzen ab und schwubs landeten wir im Paradies in Sayulita (Nayarit). Nur durch Zufall -- er stand nicht in unserem Campingführer --, weil wir falsch abgebogen waren, entdeckten wir dieses Kleinod mit Palmen und Bananenbäumen: ein paar Hütten, viele Hängemattenplätze (belegt durch Rucksacktouris aus der ganzen Welt), ein paar Campervans (aber keine Mörderteile!), viele Old-Time-Hippies verstreut unter dem tropischen Schattendach. Hier dehnte sich die Zeit und ein würziger Duft lag immer in der Luft. Buschtrommeln versus Meeresrauschen. Es war uns vorbestimmt, diesen Platz zu finden, denn es gab kein Hinweisschild an der Straße. Relaxing.
7.12.2003
Relaxing. Auf einmal raschelte es im Tropendach. Boom, Bang. Drei Kokosnüsse schlugen direkt neben uns auf die Erde. Dies war für uns eine leckere Abwechslung, aber zugleich auch eine Warnung: jedes Jahr gibt es viele Kokosnusstote!
8.12.2003
Relaxing. Einen kurzen Fußmarsch entfernt war ein schönes, kleines Dorf, wo wir uns täglich frische Eier und Obst holten.
9.12.2003
Relaxing. Waschtag.
10.12.2003
Riläksin.
11.12.2003
Say goodbye to paradise. Schluchz. Aber 5 fette Tag waren genug und die Bananenstaude vor unserer Bullitür wurde uns auch etwas langweilig. Außerdem gingen uns die Neohippies mit ihrer überstrapazierten Coolness langsam auf die Nerven (nicht die Althippies -- die waren in Ordnung). Tschüß sagten wir auch dem Gärtner (Foto, hat er nicht schön mit seiner Schubkarre gepost?). Es ist immer der Gärtner! Und er hat nicht nur das Gras auf dem Rasen gemäht.
Die Straße brachte uns vorbei an Palmen- und Bananenplantagen nach Melaque (Jalisco). Durch tiefen Busch: die Straße glich stellenweise eher einem Tunnel. Unterwegs hoppelten nicht indentifizierbare Tiere (Nasenbären?) über Straße. Kennt ihr das: da weicht man einem Häschen auf der Straße aus und das blöde Viech rennt einem trotzdem unter die Räder -- bumbum. Nicht so die "Nasenbären" -- die machen nur quiek und im Rückspiegel sieht man sie dann lebendig davon hoppeln. Dann gab's noch 'ne Kuh, ein paar Schweine und eine fette Schlange. Ach ja -- nicht zu vergessen sind die Aasgeier, die Gewinner auf den mexikanischen Straßen.
Der Ölwechsel verlief diesmal nicht so planmäßig, denn das Gewinde der Ablassschraube war fast im Eimer. Aber mit etwas Klebeband und Pappe hat der mexikanische Mechaniker das relativ dicht gemacht, so dass nur ab und zu mal ein Tropfen herunter kleckert. Uns war klar, dass ein neues Gewinde geschnitten werden musste -- beim nächsten Ölwechsel.
12.12.2003
Mit der Luftmatraze auf's Meer -- Wave-Riding war angesagt. In der Party-Zone (da, wo sich die Wellen gerade brechen) machte es besonders Spaß. Allerdings hatten wir beide danach ziemliche Rückenschmerzen. Zum Sonnenuntergang traf sich die Strandzeile unseres Campingplatzes allabendlich am Strand, also gesellten wir uns zu den überwinternden USA/Kanada-Senioren (ist das fair: neben ihren unzähligen Naturschönheiten im eigenen Land (Canyonlands etc.) liegen die wundervollen, winterheißen Strände Mexikos direkt vor der Tür?!) -- allerdings hielten wir es nur 15 Minuten aus und gingen dann lieber in die Stadt zum Plaza. Plaza -- jede mexikanische Stadt (wohl jede spanische Kolonialstadt) hat einen großen Platz mitten im Zentrum. Dieser ist kultureller und sozialer Mittelpunkt des Ortes, oft mit vielen kleinen Restaurants, einer Kirche und manchmal einem alten Palast.
13.12.2003
Driving day. Von Mealque nach Playa Azul (Michoacan) fuhren wir Serpentinen an der Küste und nach jeder Felsnase im Pazifik offenbarte sich die nächste Bucht mit ihrem wundervollen palmengesäumten Stand.
14.12.2003
Playa Azul zeigte sich als eher zweitklassiger, langweiliger Touristenort und nichts hielt uns dort. Deshalb steuerten wir Acapulco (Guerrero) an. Unterwegs passierten wir mal wieder unzählige kleine Dörfer mit ihren Mörderstraßenschwellen (wir machen drei Kreuze, wenn die Achsen halten!). Interessant in Mexiko sind auch die Pickups, die nicht nur zum Transport von Lasten benutzt werden (Foto).
15.12.2003
Heute lernten wir Ute und Otfried kennen, sie wohnen in der Nähe von München und kommen jedes Jahr nach Acapulco -- nicht zuletzt wegen der wundervollen, riesigen Lagune direkt hinter dem Campground. Die beiden haben ihren Trailer (Wohnwagen) mit Pickup-Truck das Jahr über in Ost-Texas stehen und cruisen dann jedes Jahr Mitte Dezember zum Überwintern quer durch Mexiko bis nach Acapulco, um dann den ganzen Weg Ende Januar wieder zurückzufahren. Die beiden haben sogar ein Boot bei, welches Otfried ganz relaxt zusammenschraubte während wir mit Ute bis in den späten Nachmittag Kaffee und Stollen frühstückten. Trotz des Altersunterschieds verstanden wir uns prächtig mit ihnen.
16.12.2003
Die beiden luden uns zu einer Bootstour ein und mit ihnen und ihrem Kufengummiboot heizten wir über die Lagune auf eine Insel, wo in einem kleinen "Restaurant" einheimisches Essen über offenem Feuer zubereitet wurde -- hat uns geschmeckt. Dort gab's auch die einzigen Krokodile der Lagune zu sehen -- eingesperrt in einem Betonpool.
17.12.2003
Tja, was soll man sagen -- heute war Wasserski an der Tagesordnung. Das ist quasi die Lieblingsbeschäftigung der beiden in den "kalten" Wintermonaten. Wir durften auch probieren -- das Schwierige war, erstmal aus dem Wasser herauszukommen. Daniel stand sogar ein paar Meter, ist schon ein geiles Gefühl. Ute und Otfried zeigten uns dann wie's richtig geht.
Außerdem kam heute ein Senioren-Caravan mit 19 deutschen Wohmobilen an, welche wie wir in Baltimore (Maryland/USA) gestartet waren, aber ca. 10 Tage nach uns, und prinzipiell eine ähnliche Rundtour machen, jedoch mit Fremdenführer komplett durchgeplant: alle Campingplätze und Stationen sind festgelegt, wahrscheinlich auch die Bettgehzeiten...
18.12.2003
Weil es so schön war ging's nochmal ans Wasserski-Fahren. Heute zeigte sich Lindas Naturtalent -- die kleine legte einen guten Start nach dem nächsten hin und war damit schon einen Schritt weiter als Daniel, der heute leider kein Glück hatte, aber bis auf einen Ganzkörper-Muskelkater geht's ihm gut. Auf jeden Fall haben wir beide Blut geleckt!
19.12.2003
Wir mussten uns von den beiden verabschieden, um nach Porto Escondido (Oaxaca) aufzubrechen. (O/U: Danke Euch beiden für die wundervollen Tage in Acapulco! Wir sehen uns...)
Heute wurden wir das erste Mal an einer Militärkontrolle gestoppt (bis jetzt hatte man uns immer durchgewunken). Militärkontrollen gibt's in diesem Gebiet ca. alle 60 km zur Drogen- und Waffenschmuggelprävention. Der Typ war aber eher an einem kurzen Plausch mit uns interessiert. Nach dem Checken der Pässe und den üblichen Fragen konnten wir weiterfahren.
20.12.2003
Porto Escondido (Oaxaca) war unserem Geschmack nach weder Fisch noch Fleisch, also flüchteten wir weiter gen Süden ins nahe Zipolite (Oaxaca), eine alten Hippie-Hängematten-Kolonie mit dem einzigen Nacktbadestrand Mexikos. Hier parkten wir unseren Bulli zum Campieren bei einem Strandrestaurant mit Cabañas und genossen die noch existente "atmosfera tranquila" der alten Tage.
Das Ventil des linken Vorderrades hat seinen Geist aufgegeben, also zogen wir das Ersatzrad auf.
21.12.2003
Heute war 4. Advent, welchen wir mit Liegen in der Hängematte und Strandspaziergängen zelebrierten.
22.12.2003
Wir verließen Zipolite und erklommen die Berge der Sierra Madre nach Oaxaca (Oaxaca). Die Straße war alles andere als angenehm: für die ersten 150 km brauchten wir über 4 Stunden, eine endlose Serpentinenkette auf enger Straße.
Oaxaca ist eine alte Kolonialstadt im Schachbrettmuster, wo die Highlights der spanischen Architektur sich mit der Farbenfroheit der Mexis mischen. Oaxaca liegt in einem Hochtal ca. 1500 m hoch, am Tage ist es Badehosen-heiß, aber zur Nacht mussten wir die Schlafsäcke wieder ausrollen. Das Leben spielt sich am Zocalo ab (der Zentralplatz), wo permanent Luftballonverkäufer, Schuhputzer, Musikanten und Straßenhändler ihre Dienste anbieten. Oaxaca hat eine starke künstlerische Ader, was sich in vielen kleinen Galerien widerspiegelt.
23.12.2003
Daniel hatte heute eine gemeine Lebensmittelvergiftung, eine Spritze in die linke und eine in die rechte Backe -- dann ging's wieder langsam aufwärts. Der Arzt Dr. Freddy irgendwas war gerademal 22 -- wie hat der bloß so schnell seinen Dr. gemacht? Trotzdem konnten wir abends noch nach Oaxaca reinfahren und das Fest der Rettiche bestaunen: tausende Menschen, die sich aus Rettichen geformte Plastiken anschauten.
24.12.2003
Heute war Weihnachten. Zum Auftakt besuchten wir den Großmarkt von Oaxaca, wo man alles kaufen kann: frisches Obst, Blumen, Fleisch, geröstete Heuschrecken, bunt bemalte traditionelle Keramik, Möbel, Jesuspuppen, usw.
Abends stürzten wir uns ins Getümmel -- am Zocalo war die Hölle los. So feiert man Weihnachten in Mexiko: laut, farbenfroh, schrill, öffentlich. Unzählige weihnachtlich geschmückte LKWs fuhren in einer Prozession durch die schmalen, bunten, kolonialen Straßen der Stadt und zündeten Feuerwerkskörper, hinten dran tanzende Erwachsende und Kinder mit Lampions. Feliz Navidad. Der Heimweg vom Zentrum war nicht so einfach: Taxis alle voll, Busse fuhren keine mehr -- alle Mexis wollten nach Hause zum Mitternachtsdinner. Also war Walking angesagt...
25.12.2003
Wir besuchten alte Zapoteken-Stadt Monte Alban in 1900 m Höhe nahe Oaxaca. Ihre Geschichte lässt sich bis ca. 500 v.Chr. zurück verfolgen. Die Zapoteken besiedelten Monte Alban zwischen 250 und 750 n.Chr. und regierten von hier aus Südwest-Mexiko. Danach verließen sie aus unbekannten Gründen die Stadt und zogen ins Oaxaca-Tal.
26.12.2003
Mit schwerem Herzen verließen wir die schöne Stadt Oaxaca und auch die temporär von uns adoptierte Campground-Katze weinte beim Abschied. Durch Kakteen-Steppen und Agaven-Felder fuhren wir und erreichten am Abend das tropische Tehuantepec (Oaxaca), wo wir auf einer Zucker-Hacienda übernachteten.
27.12.2003
Wir überquerten den Isthmus von Tehuantepec -- eine Landenge, die die geographische Grenze zwischen Nord- und Mittelamerika markiert. Dort ist Mexiko nur 215 km breit. Starke Seitenwinde machten das Fahren mühselig und man erzählte uns, dass die Straße oft wegen allzu starker Winde für mehrere Stunden gesperrt wird. Dann erklommen wir das Hochland von Chiapas und deren Herz San Cristobal de las Casas (Chiapas) in 2100 m Höhe. San Cristobal ist eine gemütliche Stadt mit vielen europäischen Touristen und hauptsächlich von Indigenas geprägtem Stadtbild. Nachts gibt's hier öfter Frost.
Beim Schlendern durch die Läden der Stadt entdeckten wir die Skulpturen von Frederico Burkha, einem französischen Schweizer, der eine Mexikanerin geheiratet hat und hier in San Cristobal wohnt und arbeitet. Nachdem wir Frederico's Adresse ausfindig machen konnten und ihn noch am gleichen Abend überfielen, entschieden wir uns zum Kauf von zwei seiner wundervollen Skulpturen.
28.12.2003
Frederico, seine Frau Marina und sein kleiner Sohn Didier luden uns zu einem Trip in die nahen Indigena-Dörfer ein. Anschließend waren in einem der Dörfer einheimisch essen und die Nacht verbrachten wir in dem Gästehaus der Familie.
29.12.2003
Nach leckerem mexikanischem Frühstück mit Frederico und seiner Familie brachen wir auf nach Palenque (Chiapas). Wir durchquerten dabei die ärmste Gegend Mexikos, hier tobten die bittersten Kämpfe während des Zapatisten-Aufstandes, welcher am 1. Januar 1994 mit dem Überfall auf das Rathaus von San Cirstobal de las Casas und weiterer Städte und Dörfer begann. Letztes Jahr hatte es es hier Angriffe auf Touristen gegeben, so dass die US-Botschaft gegen Bereisen der Route warnte. Nach unseren Erkundigungen schien sich die Lage bereits wieder entspannt zu haben, also passierten wir die Stecke ohne Probleme aber mit einem mulmigen Gefühl. Unterwegs sahen wir Schilder, die auf von der EZLN (Zapatistisches Nationales Befreiungsheer) kontrolliertes Gebiet verwiesen -- die mexikanische Armee respektiert jene Zonen, z.T. vermutlich wegen der großen internationalen Sympathie mit der EZLN: die EZLN fordert unter anderem soziale Gerechtigkeit und kulturelle Autonomie der Indigenas. Allerdings sind die Mexikaner sehr gespalten über die Problematik, da auch mögliche Ölvorkommen in Chiapas eine Rolle spielen könnten... -- man sagt der EZLN quasi auch Manipulation der armen Indigenas für ihre eigenen Zwecke nach. Aber das ist Politik und es wäre maßlos arrogant, wenn wir Touris uns ein Urteil erlauben oder gar einmischen würden, denn wir wissen einfach zu wenig über die wahren Hintergründe und Intentionen der EZLN, -- trotzdem gibt es hier viele Möchtegern-Revoluzer-Touristen aus der ganzen Welt, die sich all zu schnell ohne Hinterfragung instrumentalisieren lassen.
30.12.2003
Die Ruinen von Palenque (Chiapas) lagen wundervoll eingebettet im Dschungel. Palenque wurde zwischen 300 und 900 n.Chr. bewohnt und "versank" dann im Dschungel, bis es 1786 wieder ausgegraben wurde. Die einschlägige Reiseliteratur bezeichnet Palenque als die schönste Mayastätte und diesem Ruf wurde sie auch gerecht.
Nachmittags stand ein Besuch der Kaskadenwasserfälle von Agua Azul (Chiapas) auf dem Programm. In mehren Stufen fiel das glasklare, türkise Wasser hinab und lud zum Baden ein.
31.12.2003
Nachdem wir dem gespenstischen Geheul der Brüllaffen zum Sonnenaufgang gehört hatten, machten wir uns aus auf den Weg in Richtung Karibik auf fast schnurgerader Strecke quer durch den Dschungel der Halbinsel Yucatan und erreichten noch vor Sonnenuntergang Mahahual (Quintana Roo) und campierten keine 10m vom türkisen Meer entfernt. Es war etwas windig, aber der weiße Korallensand und das am Ufer türkise und dann hinaus azurblau werdende Wasser entschädigten uns vollends. Genau hier wollten wir Sylvester sein und wir waren es. Punkt zwölf saßen wir auf dem Steg und genossen die Sterne und das Karabikwasser unter unseren Füßen. Feuerwerk gab's keins -- aber was machte das schon...
01.01.2004
Am Abend zuvor hatten wir Lasse und Monique getroffen -- die mit dem Rucksack drei Wochen Yucatan erkundeten. Nach dem Neujahrsfrühstück nahmen wir die beiden mit und erreichten kurze Zeit später Tulum (Quintana Roo).
02.01.2004
Natürlich mussten wir uns auch die Ruinen von Tulum anschauen, obwohl diese nicht wirklich herausragend sind. Aber ihre Position machte sie sehenswert: auf einem Felsvorsprung direkt über der Karibik und mit einer wundervollen kleinen Badebucht.
Nach einer halben Stunde Autofahrt erreichten wir Xpu-Ha (Quintana Roo) -- ein Traum von Strand mit wundervollem Campground. Xpu-Ha sollte für die nächsten Wochen unser Zuhause sein.
03.01.2004 - 06.02.2004
Badeurlaub in Xpu-Ha. Nur das Einkaufen alle paar Tage riss uns regelmäßig aus der Idylle des türkisen, meist glatten Meeres, des weißen Strandes und der vielen netten Leute in unserer Nachbarschaft: der French-Kanadier Guy (spr. Gi) und seine argentinische Frau Lilli, die eine kleine Cabaña zum Wohnhaus mit Garten umfunktionierten; unsere deutschen, älteren Nachbarn Günther und Ilse-Marie, die seit 6 Jahren hier überwintern; die French-Kanadier Louis, seine Frau und sein kleiner Sohn, die seit 3 Jahren mit einem 72er-VW Bus durch Mittelamerika gurken; Karin, Bernd und ihre zwei Töchter, die seit einem halben Jahr Nordamerika umrundeten und natürlich dem Eigentümer Samuel, der seit Jahren und trotz Millionenangebote seinen Strand nicht verkauft und dieses Stück Paradies möglich macht.
Ölwechsel mit Louis und viiieeeel Silikon -- die Mexis hatten beim letzten Ölwechsel das Gewinde der Ölablassschraube gekillt.
Blick aus Bulli.
Guy (Gi) und Lilli vor ihrem Hütchen. Links der Garten und rechts die "Terasse" mit Blick auf das Meer.
Eines der spontanen Musikhappenings -- diesmal vor unserem Bulli.
07.02.2004
An diesem Tag mussten wir mit einer kleiner Träne im Augenwinkel unseren Platz in Xpu-Ha verlassen, um zu neuen Orten aufzubrechen. Nicht nur den Ort, sondern auch seine Bewohner werden wir vermissen.
Ziel dieses Tages war Chichen Itza (Yucatan) -- eine herrlich majestätische Stadt der Maya (und Tolteken?). Chichen Itza wurde um 470 n.Chr. von den Itza-Maya besiedelt, welche aus dem heutigen nördlichen Guatemala hier her wanderten. Jedoch verließen sie vermutlich noch vor 700 n.Chr. Chichen Itza, allerdings wurde vor 1000 n.Chr. Chichen Itza erneut besiedelt. Gefallen ist Chichen Itza um 1200 n.Chr. durch ehemaligen Freunde in Mayapan. Bekanntestes und imposantestes Bauwerk ist die Kukulkan-Pyramide. Hier besuchten wir auch die abendliche Sound-and-Light-Show vor der Kukulkan-Pyramide. Da erzählte man uns in mystischer Lichterstimmung von der Ausstellung der Köpfe von Feinden oder der Opferung von Jungfrauen in der nahen Cenote (Wasserloch).
08.02.2004
Nach einem zweiten Rundgang in Chichen Itza machten wir uns auf nach Merida (Yucatan), der Hauptstadt Yucatans. Merida hatte ein schönes Zentrum mit den typischen engen Gassen und bunten spanischen Kolonialbauten. Auf den verschiedenen Plätzen Meridas gab es den ganzen Tag lang Musik und Tanz. Als Höhepunkt wurde vor dem Palacio Municipal (Rathaus) abends eine typische Mestizen-Hochzeit vorgeführt -- eine Mischung aus yucatekischem Mayatanz und katholischem Rahmenprogramm.
In Merida lief uns auch wiedereinmal einer dieser wundervollen mexikanischen Friedhöfen über den Weg. Überhaupt haben die Mexikaner einen ausgesprochenen Totenkult: der Höhepunkt ist der Dia de los Muertos -- der Tag der Toten. Am 1. November schmücken die Familien die Gräber ihrer Verstorbenen mit Blumen und deren früheren Lieblingsspeisen. Dann wird gesungen und der Tequila geköpft -- denn das Fest der Toten ist kein Trauertag, sondern eine feierliche Zusammenkunft der Toten mit ihren noch lebenden Familien.
09.02.2004
Uxmal (Yucatan) wurde ab ca. 400 n.Chr. besiedelt. Zwischen 800 und 1000 n.Chr. war Uxmal in ihrer Blütezeit und wurde spätestens 1200 n.Chr. verlassen. Der herausrangendeste Bau in Uxmal ist die Pyramide des Zauberers, welche einen maya-untypischen elliptischen Grundriss besitzt.
10.02.2004
Campeche (Campeche) statteten wir einen kurzen Besuch ab. Das Zentrum ist umgeben von den Resten einer 8 m hohen Festungsmauer, diese wurde 1686 von den Spanien errichtet, nachdem Campeche wieder einmal von Piraten geplündert wurde, denn hier warteten einst Massen der wertvollen Güter auf ihre Verschiffung nach Europa. Das alte Kolonialzentrum ist als UNESCO-Weltkulturerbe deklariert worden.
Isla Aguada (Campeche) war eine schöne Stelle zum Sammeln von Muscheln. Aber leider konnte der Golf von Mexiko überhaupt nicht mit dem kristalblauen Meer und palmengesäumten Korallensandstrand der mexikanischen Karibikküste mithalten -- zumindest hier.
11.02.2004
Der Golf von Mexiko konnte uns nichteinmal für 2 Nächte halten, so erreichten wir am späten Nachmittag Villahermosa (Tabasco).
12.02.2004
Das schwüle Villahermosa besaß im Parque La Venta ein Freilichtmuseum, in dem verschiedene Fundstücke auf einem Rundgang durch Dschungelgelände ausgestellt waren, u.a. die berühmten Olmekenköpfe (Foto), welche im Sumpfgebiet ca. 130 km westlich ausgegraben wurden. Ansonsten hatte Villahermosa nicht viel zu bieten, aber man merkt, dass hier einst viel Geld durch Öl verdient wurde: breite Straßen, protzige Bauten usw. So machten wir uns auf nach Catemaco.
Catemaco (Veracruz) lag umgeben von sanften Vulkanhügeln an einem mit Wasser gefüllten einstigen Vulkankrater: dem Lago Catemaco. Die Stadt ist die Hauptstadt der curanderos und brujos -- der Heiler und Zauberer Mexikos. Viele Menschen kommen hier her, wenn die Schulmedizin versagt, und suchen Hilfe bei den Bewahrern der uralten Pflanzenkunde und Teufelsaustreibern. Naja, jedenfalls konnte man an jeder Ecke so allerlei esoterischen Schnickschnack für hartes Geld erstehen.
13.02.2004
Unsere Reise führte uns weiter in Richtung Veracruz. Unterwegs machten wir halt beim Salto de Eyipantla Wasserfall (Veracruz). Hier stürzt sich der Fluß 50 m in die Tiefe inmitten tropischer Vegetation.
Am späten Nachmittag erreichten wir Veracruz (Veracruz) am Golf von Mexiko. Veracruz wurde 1522 gegründet, nachdem 1519 Hernan Cortes (der spanische Eroberer Mexikos) in der Nähe gelandet war. Veracruz war und ist Mexikos wichtigster Hafen an der Atlantikküste. Auch hier bauten die Spanier es einen Stadtmauer um die Stadt, nachdem sie mehrmals von Piraten geplündert wurde.
14.02.2004
In Veracruz besuchten wir das wundervolle Aquarium, in dem unter anderem Schildkröten und Tucane zu sehen waren. Am eindruckvollsten waren jedoch die Haie, die über uns in einer Art Aquarium mit Gangröhre hinwegschwommen.
Die Haie gaben uns noch den Rest und so flüchteten wir vom Golf ins Hochland von Mexiko. Am Abend erreichten wir die Stadt Cholula (Puebla), eine Stadt, in der an jeder Ecke Kirchen standen.
15.02.2004
Nach einer kalten Nacht -- das Hochland hat ein sehr interessantes Klima: tagsüber Hitze, die kurze Hosen erfordert, und in der Nacht muss man in den Schlafsack schlüpfen und möglichst noch Handschuhe und Mütze anziehen -- lag ein Besuch der Pyramide von Cholula an, der volumenmäßig größten Pyramide der Welt: 420 m Seitenlänge und 60 m hoch. Jene war jedoch so gut wie komplett von einem Berg umhüllt und obendrauf stand auch noch eine schmucke Kirche. Allerdings konnte man in engen Gängen innerhalb der Pyramide wunderbar umherwandern und so die freigelegten Strukturen betrachten.
Dann war es soweit -- die Stadt der Städte, der alptraumhafte Traum, Paradies und Hölle, wahnsinniger Reichtum und bittere Armut, wuchtige Kolonialbauten und provisorische Bretterhütten -- Megalopolis Mexico (Mexico) erwartete uns. In Mexiko nennt man die Stadt lediglich Mexico (spr. Mehiko), außerhalb ist sie als Mexico City bekannt. Die Hölle wird von etwa 23 Millionen Menschen auf einem Gebiet mit den Außmaßen 30 km OW und 40 km NS in einer Höhe von 2240 m bewohnt. Sie liegt in einem Hochtal, dem Valle de Mexico, und ist umzingelt von Bergen, daher kommt auch die unerträgliche Smogbelastung, denn die vielen Autos in solch einer Stadt, der Traffic ist wirklich heavy, das sagen wir euch, produzieren Unmengen von Abgasen die durch die Abwesenheit von Wind einfach hängen bleiben: die Luft hier kann man fast kauen. Nichts konnte uns jedoch davon abbringen, mitten hinein zu fahren zum zentralen Platz (Zocalo). Da nahmen wir uns ein Hotel und stellten die Karre erstmal in den Keller.
Es war wundervoll in den alten Straßen der Altstadt herumzuwandern, wenn man bedenkt, dass vor über 500 Jahren hier die Azteken lebten bis die Spanier ihre Stadt plattmachten. Vom Torre Latinoamericano hatten wir einen schönen Blick auf die untergehende Sonne und das Entstehen eines Meeres von Millionen von Lichtern. Wie Blut pumpten die Autos das Licht durch die dicken Venen der Stadt.
16.02.2004
Wir wanderten Kilometer durch die Stadt, den ganzen Tag lang, am Abend brummten uns die Schädel von der dünnen, keimigen Luft. Aber diese Stadt ist einfach schön, einfach wundervoll, und so anders als die restlichen Städte Mexikos: die alten Kollonialbauten waren hier eher weniger bunt angemalt und strahlten in erhabenen Dunkelgrau. Schön ist auch, dass die Stadt bis auf wenige Außnahmen höchstens dreigeschossig ist und daher nicht so in die Höhe geht wie z.B. Manhatten. Sie wirkt wie eine Tortilla mit Hackfleisch und Käsesoße. An fast jeder Ecke erwarteten uns alte Kolonialpaläste die vom Reichtum Neu Spaniens zeugten, hier eine Gallerie, dort eine medizinische Ausstellung, da ein nettes Cafe, Shops ohne Ende, untendrunter die drittgrößte Metro der Welt (nach Tokio und Moskau). Mittendrin, direkt am Zocalo, befanden sich die Ruinen des Templo Mayor der Azteken, dessen Grundmauern frei liegen.
17.02.2004
Am frühen Vormittag besuchten wir den Nationalpalast am Zocalo, welcher geschmückt ist mit Fresken von Diego Rivera. Diese wundervollen, riesigen Bilder zeichnen die Geschichte Mexikos und seiner Bewohner nach.
Das berühmte antrophologische Museum war unserer zweiter Punkt an jenem Tag. Hier gab es viele verschiedene Themen- Räume, die die Geschichte ganz Mexikos abdeckten.
Drei Tage sind genug dachten wir uns und machten uns mit pfeifender Lunge auf den Weg nach draußen. In der Rush Hour schoben wir uns Meter für Meter durch das Zentrum und gerieten auch noch mitten in die Marktzone östlich des Zocalos. Auf einmal machte es sssssssssss und die Öldruckwarnlampe begann an zu blinken. Hm, schlechtes Zeichen, que pasa? Motor aus, wieder an, nach ein paar Minuten wieder das gleiche Spiel. Ölstand okay, Öl tropft auch nirgendwo, also weiter. Nach etwa zwei Stunden und ständigem ssssss und Blink Zyklen erreichten wir San Juan de Teotihuacan (Mexico).
18.02.2004
Zurück zum Öl: uns viel auf, dass das Lämpchen beim Einschalten der Zündung nicht wie üblich blinkt, also machte Daniel mit dem Bullibuch in der Hand die Motorklappe auf und begab sich auf Fehlersuche. Schließlich schraubte er die Instrumententafel auf und rüttelte dran und siehe da, die Lampe blinkt: Diagnose Wackelkontakt. 3 Monate Mexiko hinterlassen bei jedem so ihre Spuren, auch bei Bulli: die Steckverbindung der Leiterplatte war total korrodiert und nach Reinigung mit Alkohol und einem Bypass für die Uhr (durchgerostet) war das Problem behoben, sogar die Uhr geht endlich wieder.
Nach erfolgreichem Bewältigen der Vormittagsaufgabe besuchten wir die Ruinen von Teotihuacan -- der einstig großen Aztekenstadt. Teotihuacan glänzt durch die gewaltige Sonnenpyramide und die etwas kleinere Mondpyramide. Von der Grundfläche kann es die Sonnenpyramide sogar mit den Pyramiden von Gizeh in Ägypten aufnehmen, allerdings ist sie nicht ganz so hoch und daher doch wieder kleiner. Die Stadt hatte ihre Blütezeit etwa zwischen 200 und 500 n.Chr. und wurde damals wohl von etwa 200.000 Azteken bewohnt.
Wir entschieden uns, noch nach San Miguel de Allende (Guanajuato) weiterzufahren, welche wir glücklicherweise am späten Abend wohlauf erreichten, denn gleich nach Abfahrt aus Teotihuacan passierten wir die Periferie von Mexiko Stadt. Das fand die Polizei am Rande von Mexico Stadt allerdings nicht so witzig, denn wir fuhren damit in der sogenannte "Hoy no circular"-Zone (heute wird nicht gefahren), in welcher je nach Endziffer vom Kennzeichen einmal die Woche nicht gefahren werden darf. Wir dachten die Periferie gehöre nicht dazu und waren daher ziemlich überrascht als ein Polizeikäfer uns stoppte. Wir haben gehört, dass Cops in Mexiko öfter unschuldige Touris anhalten und abzocken wollen, deshalb machten wir die Verstehen-Nix-Nummer. Naja, das totale Dummstellen funktionierte leider nicht und so landeten wir an einer Polizeistation, wo der Oberoffizier uns erstmal auf Englisch "aufklärte": wir wurden hier wirklich legal angehalten, denn Mittwoch war unsere Verbotstag und die Periferie gehörte zur Zone dazu, die Strafe dafür betrug 400 US-Dollar. Urgh. So nach einer Stunde Verhandlung auf der Studenten-Mitleidsschiene erließ uns der Obermufti die Strafe, erklärte uns aber, dass wir erst nach 22 Uhr wieder fahren dürften. Wir waren jedenfalls erstmal froh, dass wir unsere 400 USD behalten durften, und setzten uns zum Relaxen in die Bulli. Ein paar Minuten später kam der Offizier, der uns angehalten hatte, und sagte er eskortiere uns aus der Zone heraus und wir dürfen dann weiter fahren. So geschah es auch. Also können wir leider nur Gutes über die mexikanische Polizei erzählen...
19.02.2004
San Miguel de Allende unterscheidet sich primär durch die viele weiße Haut -- die Stadt strotzte gerade so von US-Amis und Kanadiern. Und gleich wieder diese "Excuse me"-Parties: wenn man sich näher als 1 m kommst, ist man verpflichtet, sich dafür zu entschuldigen. Die Amis haben einen ziemlich großen Intimbereich... Das hatten wir schon vermisst. Und da die Bürgersteige in San Miguel, wie (fast) überall sonst in Mexiko auch, schön schmal waren, hörten wir dieses "Excuse me" dutzende Male. Andererseits ließen sich hier auch viele Künstler aus dem "Norden" nieder und prägten so das Stadtbild in San Miguel mit vielen Gallerien und schmuckvollen Kunstramschläden. Prinzipiell sah San Miguel wie eine typische mexikanische Kolonialstadt aus: bunte alte spanische Häuser -- bis auf die schicke Kirche am Zocalo, denn jene erinnerte eher an den Ulmer Münster.
20.02.2004
Wir verließen San Miguel und bretterten hunderte Kilometer nach Brownsville (Texas) durch, welches wir kurz nach Mitternacht erreichten. Wir kamen dabei durch Wälder von Kakteen und Joshua-Trees, vorbei an schroffen Felsen und sanften Hügeln. Mit dem Grenzbeamten der USA hielten wir einen kurzen Plausch und ohne jegliche Wagenkontrolle ließ er uns einreisen. Allerdings merkten wir am Plausch schon, dass er mit Rückfragen über unseren Aufenthalt in Mexiko prüfen wollte, ob wir wirklich 3 Monate die Straßen dort unsicher gemacht haben oder vielleicht die ganze Zeit in einem deutsch/kanadischen Terroristencamp anti-amerikanisches Gedankengut kultivierten. Gott bewahre!
Hasta luego, Mexico, el estado bonito! Wir kommen wieder...
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© Linda Krischer, Daniel Rolf. Alle Rechte vorbehalten.